Stilmöbel oder Original

Original oder Stilmöbel? Was ist eigentlich der Unterschied oder gibt’s den vielleicht gar nicht? Immer wieder werden mir Fragen nach Wertigkeiten, Unterscheidungsmerkmalen, Verwechslungsgefahr oder einfach dem Warum gestellt. Erklären kann man dies beispielsweise besonders gut an hochwertigen Barockmöbeln, die zu ihrer Entstehungszeit fast ausschließlich als repräsentative Luxusmöbel hergestellt wurden. Diese waren ab Mitte des 17. Jahrhunderts mehr als ein Jahrhundert Schlossherrn, Klöstern und gehobenem Bürgertum vorbehalten. Luxus drückte sich hier in besonders raffinierter Mechanik, exotischen Materialien, kunstvollen Beschlägen, wunderschönen Furnierbildern, verrückter Formgebung und vielen anderen Ideen mehr aus. Diese Luxusmöbel wurden oft überhäuft mit Ungewöhnlichem und Überraschendem und dazu mussten auch andere kunsthandwerkliche Berufe beispielsweise Graveure, Ziseleure, Kunstschmiede, Papierschöpfer, Schnitzer, Vergolder, Feuervergoldern oder Fassmaler ihren Beitrag leisten. Erst das Zusammenspiel von Auftraggebern, Entwerfern, Kunsthandwerkern und wertvollen Materialien erbrachte im Ergebnis ein in jedem Detail ansprechendes und von Menschenhand geschaffenes luxuriöses Endprodukt.

Stilmöbel entstanden im Wandel der Zeiten

Da sich unter anderem Barockarchitektur und Einrichtung im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts neuer Beliebtheit erfreuten und nach wie vor Wohlstand und Luxus verkörperten, entstanden zu dieser Zeit zahlreiche Stilmöbel. Dies sind mehr oder weniger gut gebaute Nachempfindungen, also die Neo-Barockmöbel des auslaufenden 19. Jahrhunderts. Aber nicht nur Barock-Möbel wurden nachgebaut. Es wurden auch Biedermeier-Möbel, Rokoko-Möbel, Louis-seize-Möbel und andere Stile nachkreiert. Teils wurden sie sogar miteinander vermischt.  Durch die industrielle Revolution angetrieben, war es nun möglich vieles rationell und schnell herzustellen, was im vorausgegangenen Jahrhundert in sozusagen „liebevoller Handarbeit“ kreiert wurde. Nun taten Maschinen diese Dienste oder es wurde einfach eingespart. An Stelle früher 2 bis 3 mm dicken Furniere, wurden nur noch ein Viertel so starke Furniere verwendet. Metalloberflächen wurden nicht mehr ziseliert oder graviert. Furnierbilder konnten nun in Serie vorgefertigt werden und Schnitzereien aus industrieller Massenfertigung wurden einfach aufgeleimt. Im Ergebnis befriedigten diese Möbel eine wesentlich breitere Zielgruppe von luxushungrigen Abnehmern – Details und kunsthandwerkliche Qualität, also das Möbel als Kunstgegenstand blieben aber auf der Strecke.

Luxusgut oder Kitsch

Stilmöbel werden bis heute und oft immer noch opulenter gebaut. Sie sind mit Originalen aus der Zeit kaum zu vergleichen. Ihr Erscheinungsbild wird oft als Kitsch empfunden.

 

Leben mit Antiquitäten

Das Bild zeigt eine typische Marketerie von einem Stilmöbel. Hier sind ausgeschnittene Furnierteile in geschwungener Form in einen schlichten Hintergrund eingelegt
Detailaufnahme der Marketerie eines Stilmöbels
Dies ist kein Stilmöbel. Das Bild zeigt eine typische Intarsie eines Möbels aus der Barockzeit. Im Vergleich zu einem Stilmöbel wird die Qualität sichtbar.
Originale Marketerie an einer Barockkommode aus dem 18. Jahrhundert
Auf dem Bild ist das Detail eines Barock-Möbels zu sehen. Es handelt sich kein Stilmöbel, sondern um eine echte originale Barockkommode aus der Barockzeit.
Virtuose und ideenreiche Führung des Bandelwerks an einer originalen Barock-Kommode
Langweilige und ideenlose Ornamente die lediglich in der Art von originalen Dekorierungen gestaltet sind

Johannes Kössler

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