Aus dem Nähkästchen

Im letzten Jahr konnte ich von einem Zwischenhändler – das sind Händler, die keine restaurierten Möbel für Endkunden anbieten, sondern unrestaurierte Möbel an fachkundige Profis ohne Garantie und wie gesehen verkaufen – ein Biedermeier-Nähkästchen aus der Zeit erwerben. Sofort hatte ich das gute Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben und begann ungeduldig, an dem Stück die notwendigen Arbeiten vorzunehmen. Nach erfolgter Restaurierung stellte sich das kleine Möbelchen tatsächlich, wie von mir erwartet, als das erwünschte schlichte, aber doch sehr feine kleine Prachtstück heraus. Die Suche nach dem besten Platz dafür begann nach dem Fotografieren und Einstellen ins Internet.

Ein Highlight in der Wohnung

Neben den Platzhirschen, also unseren großen und teils auch bedeutenden Möbeln von Barock bis Biedermeier, wirkte das zierliche Biedermeier-Nähkästchen in unserem Ausstellungsraum einfach zu bescheiden und so nahm ich es mit in unsere Wohnung, wo es dann an einer freien Wand unter einem Spiegel ein geradezu ideales Plätzchen fand. Sofort war er wieder da – der Kick, genau das Richtige gekauft zu haben. Und zudem die tägliche Freude daran, wenn der zufällige Blick das Möbel streift und sich spontan ein gutes Gefühl, ja nahezu ein Hochgefühl einstellt. Zusammen mit meiner Frau hatte ich nun jeden Tag den kleinen Genuss vor Augen und auch die praktischen Eigenschaften wurden gerne genutzt.

Neuentdeckung des Biedermeier-Nähkästchen

Unsere erwachsenen Kinder hielten sich jedoch mit Kommentaren oder gar Anerkennung für diesen antiken Augenschmaus stark zurück. Irgendwann kam dann der Tag, an dem ein Ehepaar in einem weit entfernten Bundesland das Nähkästchen auf meiner Homepage entdeckte, ebenfalls in sein Herz schloss und alsbald zum Kauf anreiste. Natürlich ist es in solchen Momenten nicht leicht, ein lieb gewonnenes antikes Möbel wieder abzugeben – aber für mich als Händler gehört dies zum Beruf, bringt mir natürlich den Lebensunterhalt und die Spannung, wieder Neues zu entdecken und kaufen zu können.

Meine Freude an den von mir ausgesuchten Möbeln teile ich auch sehr gerne mit meinen Kunden, die durch den Kauf ja meine Arbeit als Kunsthändler für antike Möbel anerkennen.
Völlig unerwartet beklagen nun allerdings unsere Kinder seit Kurzem das klaffende Loch in unserer Einrichtung – und wie ich nur dazu gekommen sei, das Nähkästchen so plötzlich zu verkaufen.

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Ein Hauch von Legebatterie

oder

Wer kauft heute antike Möbel?

Johannes Kössler

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