Lebendig einrichten mit Biedermeier & Co

Leben wie im Museum – das war eigentlich immer eine Vorstellung, die meine Generation eher wie ein Albtraum verfolgte. Schilder mit „Berühren Verboten!“, Sitzmöbel mit Absperrkordeln, Podeste, die auf Abstand halten – das sind nur die wichtigsten Warnhinweise, die in oft sehr sachlich kalten Museen für räumliche, aber auch für geistige Distanz und Entfernung zu eigentlich einladenden und schönen, ja anziehenden Objekten sorgen. Gemütlichkeit oder Nähe zu vielen Objekten oder auch das Zusammenspiel, die Unterhaltung beispielsweise von Möbeltypen untereinander, sind jedoch auch heute noch in den wenigsten Museen vorgesehen.

Vor kurzem in Paris hatte ich die Gelegenheit, im Louvre die neu eingerichteten Räume zu besuchen. Toll, wie hier plötzlich Spitzenobjekte, die teils vor Jahrhunderten im gleichen Geist geschaffen wurden, mit passenden Gemälden, Stoffen, Lampen, Sitzgruppen, Vasen und vielen weiteren Elementen präsentiert werden – mit stimmigen Farben, Materialien und sich gegenseitig aufwertend. Hier wird fühlbar, was gutes Einrichten ausmacht und dass sich hochwertige Einrichtungsgegenstände auch in verschlossenem Zustand toll präsentieren lassen. Nicht weit davon, im Musée de la Chasse et de la Nature, dem Jagdmuseum – in wiederum vollumfänglich und fantastisch eingerichteten Räumen – bewacht ein Fuchs die Sitzfläche eines Sessels, ein Präparat mit listigem Blick. Ein paar Stühle weiter liegt wie zufällig eine Distelblüte auf dem Polster – anstelle eines Verbotsschildes oder einer kitschigen Kordel. Dieses Museum erzählt auch dem Nichtjäger und Nicht-Franzosen Geschichten, ja spannende Geschichten mit Witz und Geist, ohne lange Texte und Fachvokabular. Detailreiche Möbel mit Intarsien, Gemälde, Stoffe, Waffen und alles im gegenseitigen Zusammenspiel mit unterschiedlichsten Materialien und der Natur, versetzen den Besucher des Museums in kreative Welten. Dem Interessierten kann kein Möbelhaus der Welt solch gespeicherte Spannung liefern. Aber wir können aus unserer eigenen Situation, unserem Lebenslauf, unseren Interessen, Einstellungen usw. unsere Wohnräume entwickeln – mit ehrlichen Materialien und dem einen oder anderen musealen Einrichtungsgegenstand. Mit solchen, die zu unserer eigenen Geschichte ihre beisteuern und dadurch für noch mehr Spannung sorgen. Mit welchen, die wir dazu noch im Alltag benutzen können – ganz ohne Kordel, Fuchs und Distel.

Johannes Kössler

Weiherweg 10
D-87727 Babenhausen

Tel: +49 (0) 83 33 – 35 30
biedermeier-moebel@t-online.de

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