Ortstermin Biedermeier-Möbel: Ein unerwarteter königlicher Fund

Die imposante, eichene Rundbogentür vor mir klemmt. Die Frau dahinter kann sie nur mühsam öffnen. Blütenstaub und Spinnweben kleben auf dem Türblatt und aus dem Inneren der Villa strömt mir abgestandene, modrige Luft entgegen. Die freundliche Türöffnerin überhäuft mich sofort mit Erklärungen und Entschuldigungen für die Umstände. Ob ich hier Biedermeier-Möbel finden kann unter den vielen antiken Möbeln? Das wisse Sie nicht. Aber Sie sehen es ja selbst!

Kleiner Smalltalk – und wir kommen in das etwas düstere, aber großzügig angelegte Wohnzimmer. Eingerichtet wurde es in den 1960er- Jahren. Hinter einer Polstercouch steht eine prächtige Barockkommode – doch leider nur auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinsehen erweist sie sich als abgeschliffen, mit zeitgenössischem Lack überzogen und einem erneuerten, noch immer erhältlichen Beschlagwerk ausgestattet. Wohl zu sichtbar nehme ich etwas Abstand von dem Barock-Möbel, was meiner Begleiterin einen kurzen Seufzer entlockt.

Die Suche geht weiter

Gegenüber steht ein mächtiger Tabernakelsekretär ebenfalls aus dem Barock, der wiederum durch eine sehr radikale Restaurierung – wohl in den 1980er-Jahren – stark entwertet wurde. „Von Derrick, der legendären Krimiserie, wurde hier eine spannende Folge gedreht“, erzählt die Erbin des Hauses nicht ohne Stolz. Vorbei geht es an verblichenen Vorhängen, bunten Teppichen und rustikalen Eichenmöbeln. Zahllose Stücke, heute ohne Nutz- und Marktwert: Betten, Truhen, Regale – manches aus den 1930er-Jahren, anderes aus Spanplatten gefertigt, abgewohnt, beschädigt, ausgeblichen. Wir passieren dunkle Gästezimmer mit schmalem Charme, die mit dem Notwendigen und Abgelegten ausgestattet sind. Doch plötzlich! Hinter einer aufgestellten Matratze sticht mir das Detail eines Biedermeier-Möbels ins Auge – die Armlehne eines verstaubten Biedermeiersofas. Es ist schön proportioniert, mit alter Patina ohne erkennbare Restaurierungen und hat eine gute originale Substanz. Im Bügelzimmer findet sich ein dazu passender Biedermeierstuhl. „Im Kinderzimmer sind noch zwei weitere“, sagt meine Begleiterin, „einer rot und der andere grün gestrichen.“ Ich bekunde mein Interesse und sie meint verlegen: „Trotz meiner pubertären Farbgebung?“ Natürlich, denn wenn das Original darunter gut erhalten ist, stellt ein Anstrich kein Problem dar. „Die Möbel stammen wohl vom Urgroßvater meiner Mutter“, sinniert meine Begleitung, „der war Beamter in Aschaffenburg.“

Ich nahm die Biedermeier-Möbel mit. Und siehe da: Später, zurück in meiner Werkstatt, entdeckte ich doch tatsächlich den originalen Inventaraufkleber des Königlichen Schlosses Aschaffenburg an dem Sofa. Ein unerwarteter königlicher Fund!

Die Möbel stammen also aus dem Königlichen Schloss Aschaffenburg und sind  aus dem frühen 19. Jahrhundert. Sie sind in wunderbarem unverbautem Zustand und haben eine schöne Patina. Ein echter Glücksgriff für mich!

Mehr zum königlichen Schloss Johannisburg in Aschaffenburg.

Provenienz – Ein hoher Wert

 

Johannes Kössler

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